2011-10-20

Im Londoner Untergrund: Night out at the Jamboree

Es ist schon merkwürdig, welche Zufälle einen manchmal an die tollsten Orte führen und die interessantesten Menschen kennen lernen lassen.

Anna musste für ihr Studium eine Vorlesung im Nebenfach wählen, und entschied sich dabei für ein Seminar aus dem Masterstudiengang "Creating Social Media". Es klang einfach spannend, und die Erwartung wurde nicht enttäuscht. Um die Seminarteilnehmer daran zu erinnern, dass es auch soziale Netzwerke, die man nicht mit Web x.0 verbindet, setzte man bei Ethnographie an. Und so bekam Anna die Hausaufgabe, "an einen Ort zu gehen, der etwas Überwindung kostet, und an den man immer wieder zurückkehren kann, und sich dort mit den Menschen zu unterhalten, die diesen Ort frequentieren".

Nachdem wir einige Ideen gesammelt und gleich wieder verworfen hatten fragten wir Leon, einen der etwas verrückten und verplanten Musiker, die unser Haus bewohnen, nach einer Empfehlung. Es war Montag vor einer Woche, und Leon empfahl uns, am Abend zu den Cable Street Studios aufzubrechen und die Jamboree Bar aufzusuchen.

CCTV in Progress
Gesagt, getan. Als wir gegen halb neun Uhr abends durch das Tor des alten Fabrikgebäudes treten, ist es natürlich längst dunkel. Die ersten Eindrücke sind... seien wir ehrlich, etwas angsteinflössend. Drahtzaun, vergitterte Türen, zerbrochene Glasscheiben und überall Warnschilder - "CCTV in Progress 24 hours", "This door is alarmed" und dergleichen. Die Bar selbst, deren Aushängeschild wir im Innenhof sofort erkennen, macht dagegen einen warmen, fast schon traulichen Eindruck. Das Interieur ist im Stille eines französischen Cafés aus den 20er Jahren gehalten (nicht, dass ich je eins gesehen hätte): alte Lampen, ein kaputter Grammophon-Spieler, Ölbilder von spielenden Jazzmusikern an den Wänden. Nur ist die Bar zu diesem Zeitpunkt noch fast leer.

Cable Street Studios - a whole in the wall

Wir entschließen uns, die Gegend zu erkunden. Die vielen Gänge führen meist zu verschlossenen Türen, an denen man nicht erkennen kann, was sich dahinter verbirgt. Hier und da sehen wir seltsame Gestalten in den Türen verschwinden. Als irgend-wann eine kleine Gruppe (zwei Herren und zwei junge Damen) aus einer vergitterten Tür hinaus tritt, um eine zu rauchen, erhaschen wir einen kurzen Blick hinein. Auch hier sieht es nett und gemütlich aus, das Zimmer erinnert am ehesten an ein Café. Wir fragen die beiden Damen beiläufig, was sich in dem "Studio" befindet. Die Damen sind kurz verblüfft, antworten dann aber ganz natürlich: "A fetish club". Wir beschließen, unsere Neugier zu zügeln.

Cable Street Studios - in front of the Jamboree
Kurz nach neun ist die Bar bereits gut gefüllt, wir erwischen noch zwei der letzten freien Sitzplätze. Ist Leon, der uns den Tipp gegeben hat, nicht Hip-Hoper? Nicht unbedingt unser Musikgeschmack, aber lassen wir es auf uns zukommen. Endlich betritt eine Drei-Mann-Band, besser gesagt Zwei-Mann-und-Eine-Frau, die Bühne. Der graubärtige Mann mit Hut, der den Kontrabass in die Hand nimmt, sieht aus, als wäre er einem Hollywood-Film entsprungen - die Coolness in Person. Auch sein Künstlername - Dakota Jim, wie wir später erfahren, passt perfekt zu seinem Image. Das Mädchen, Louisa, ebenfalls mit Hut, etwas zerzaustem Haar und Hippie-Klamotten, passt perfekt zu ihrem alten Akkordeon. Ewan, der dritte im Bunde, ist ein schmächtiger Junge und spielt Klarinette. Das wird wohl kein Hip-Hop. Als die drei dann zusammen zu spielen beginnen, wird vor allem eines klar: es sind hervorragende Musiker, und sie lieben und leben das, was sie tun.



Später an diesem Abend spielen noch andere Bands, Dakota Jim singt und spielt Akkordeon, während Freddy am Kontrabass übernimmt, Louisa begeistert das angeheiterte Publikum mit selbst geschriebenen Songs mit sehr frivolen, aber lustigen Texten. Es wird mitgesungen, gelacht, zwischen den Tischen getanzt... Mit meinem Hinkefuß bleibt mir nichts anderes, als die Atmosphäre aufzusaugen. Und sich darauf zu freuen, später einmal mitzutanzen, den die Stimmung reißt jeden mit.

At the Jamboree Bar - last preparations
At the Jamboree Bar - Louisa, Jim, Ewan & Freddie
Als wir am nächsten Montag wieder zur Jamboree Bar aufbrechen, kostet es uns keinerlei Überwindung. 

6 comments:

  1. а музыка тебе понравилась, или это не твоё?

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  2. Я тебе ещё не говорила, но... я получила сегодня домашнее задание... в общем, ты знаешь куда мы идём в понедельник вечером

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  3. дык я и не сомневался :)

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  4. живьём бы надо. восторга в записи нет, а интерес возник, да

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  5. приезжайте в гости, захватив понедельник, покажем живьём :)

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